Gegrillte Artischocken auf einem weißen Tablett
Das Geheimnis von Artischocken heißt Bitterstoffe. Die kurbeln den Fettstoffwechsel an und haben positive Effekte auf die Cholesterinwerte.

Cholesterin ist nach wie vor ein großes Thema, wenn es um unsere Gesundheit geht. Schließlich gelten hohe Werte langfristig als zentraler Risikofaktor – vor allem im Hinblick auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die ernährungsmedizinische Expertin Prof. Dr. Michaela Döll legt allerdings einen genaueren Blick nahe. Im Medicom-Interview spricht sie über „gutes“ und „schlechtes“ Cholesterin, hilfreiche Naturheilmittel und Gesundheit als komplexes Wechselspiel.

Hier können Sie die Langversion des Interviews als Podcast hören oder weiter unten das Interview in gekürzter Fassung lesen.

Prof. Döll - Buchautorin von Cholesterin im Griff
Prof. Döll verrät in „Cholesterin in Griff“ wie man durch Artischocke, Omega-3-Fettsäuren, Cholin & Co Cholesterinwerte positiv beeinflussen kann.

Medicom: Sie haben dem Thema „Cholesterin“ ein ganzes Buch gewidmet. Warum?

Prof. Dr. Döll: Das hat mehrere Gründe. Zum einen sind viele Menschen um ihre Cholesterinwerte besorgt, zum anderen existieren ein paar Mythen, die ich mit dem Buch entkräften wollte. Und dann ist Cholesterin einfach eine hochspannende Substanz, die in unserem Organismus vielfältige Aufgaben erfüllt, aber auch aus dem Gleichgewicht geraten kann. Das ist dann aber eine komplexe Sache und lässt sich nicht mit “Lass-mal-die-Butter-weg“ klären. Darüber kann man schon ein ganzes Buch schreiben.

Medicom: Zum Einstieg: Was ist überhaupt Cholesterin und welche Aufgaben erfüllt es in unserem Organismus? 

Cholesterin spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung von Hormonen und sorgt im Hirn für Flow

Prof. Dr. Döll: Cholesterin ist ein lebensnotwendiger Naturstoff, den viele zu den Fetten zählen. Rein chemisch betrachtet gehört er jedoch in die Gruppe der Alkohole. Aufgrund seiner Eigenschaften ist es aber richtig, von einem „fettartigen Naturstoff“ zu sprechen. Seine Aufgaben sind zahlreich. So ist Cholesterin zum Beispiel Bestandteil unserer Zellmembrane. Es spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung von Hormonen und sorgt im Hirn für den Flow, indem es zum Beispiel für die Neubildung von Synapsen verantwortlich ist. Auch Neurosteroide, die unseren Gehirnstoffwechsel mitregulieren, benötigen Cholesterin, um entstehen bzw. aktiv sein zu können. Außerdem ist Cholesterin der Baustoff, der unter dem Einfluss von UV-Strahlung Vitamin D bildet.

Medicom: Wenn Cholesterin so viele wichtige Aufgaben hat, warum gilt dann ein hoher Wert als so schädlich?

Bei einem „Zuviel an Cholesterin kommt es zu Gefäßveränderungen wobei Plaques gebildet werden.

Prof. Dr. Döll: Jetzt wird es ein wenig kompliziert. Ein hoher Cholesterinwert allein ist noch kein besonderes Alarmzeichen, auch wenn man das früher dachte. Man muss diesen Wert immer im Zusammenhang mit anderen Faktoren sehen. Vereinfacht kann man sagen, dass es bei einem „Zuviel“ an Cholesterin zu Gefäßveränderungen kommt, wobei sich (unter dem Einfluss von Entzündungen) Plaques bilden. Dadurch verengen sich die Gefäße, was wiederum das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie zum Beispiel Herzinfarkte erhöht. In Deutschland liegt die Grenze für einen unbedenklichen Cholesterinwert bei 160 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) Blut. Schlanke Nichtraucher, die auch sonst zu keiner Risikogruppe zählen, dürfen auch ruhig einen etwas höheren Wert aufweisen. Dabei ist nicht unbedingt der Gesamtwert ausschlaggebend. Man muss noch einmal zwischen HDL-Cholesterin und LDL-Cholesterin unterscheiden.

Medicom: Sind das die beiden Cholesterinarten, die man als gut bzw. schlecht bezeichnet?

Prof. Dr. Döll: Genau. Dabei geht es um die Dichte der jeweiligen Partikel, in denen Cholesterin zusammen mit Eiweiß durch den Organismus transportiert wird. HDL steht für High Density Lipoprotein, also für eine hohe Dichte der Partikel. LDL hingegen bezeichnet Lipoproteine mit einer niedrigen Dichte (low density). HDL transportieren überschüssiges Cholesterin aus dem Blut zur Leber, wo es abgebaut wird. LDL hingegen bringen das Cholesterin von der Leber über das Blut zu den Geweben wobei es zu den erwähnten, entzündungsbedingten  Ablagerungen  kommen kann. Und dann gibt es noch das oxidierte Cholesterin. Dabei handelt es sich um Cholesterinmoleküle, die durch Freie Radikale – hochaggressive Stoffwechsel-Zwischenprodukte – beschädigt oder funktionsunfähig gemacht worden sind. Diese oxidierte Version lagert sich ebenfalls ab.

Medicom: Wie beugt man dem vor? Verzicht auf Butter, Eier und Currywürste?

Prof. Dr. Döll: Das bringt leider nicht besonders viel, weil der Cholesterinwert „von außen“ kaum beeinflusst werden kann. Den größten Anteil bildet der Körper in der Leber selbst. Und wenn ich jetzt weniger Cholesterin über Lebensmittel zu mir nehme, dann gleicht der Körper das durch erhöhte Cholesterinproduktion aus. Dauerhaft erhöhte Blutfettwerte werden in der Medizin als Fettstoffwechselstörung bezeichnet. Und die erfordert eine durchdachte Therapie.

Medicom: Was raten Sie?

Prof. Dr. Döll: Es spielen viele Faktoren eine Rolle. Wichtig ist zum einen ein gesundes Darmmikrobiom. Hier kommen die bekannten Probiotioka ins Spiel. Zum anderen geht es darum, sich Stoffe zuzuführen, die dabei helfen, den Cholesterinspiegel auf natürliche Weise zu regulieren. Dazu zählen die Bitterstoffe in Artischocken oder Bergamotte. Und auch Cholin und Omega-3-Fettsäuren, wie ich sie hochkonzentriert in Krillöl finde.

Es geht darum, Stoffe zuzuführen, die dabei helfen, den Cholesterinspiegel auf natürliche Weise zu regulieren.

Medicom: Sie erwähnen Cholin als wichtigen Nährstoff. Was ist das überhaupt?

Prof. Dr. Döll: Cholin ist ein Naturstoff, aus dem auch unsere Zellmembranen aufgebaut sind. Und es ist ein schützender Baustoff für die Nervenzellen und für das Gehirn. Phospholipide, zu denen auch Phosphatidyl-Cholin gehört, sind sehr wichtig für die Beweglichkeit unserer Zellen und für die Kommunikation innerhalb der Nervenzellen. Das Cholin selbst wird auch benötigt für den Transport von Fetten, zum Beispiel von Triglyzeriden aus der Leber zu den Zielorganen. Das heißt: Cholin hat auch beim Transport von Fett eine Bedeutung.

Cholin hat auch beim Transport von Fett eine Bedeutung.

Medicom: Und wo finde ich Cholin?

Prof. Dr. Döll: Die klassische Quelle ist der Lebertran. Das soll heutzutage keiner zu sich nehmen, weil Lebertran stark mit Schadstoffen belastet sein kann. Aber Krillöl ist in der Tat eine sehr, sehr gute Quelle für Phosphatidyl-Cholin und überhaupt für Phospholipide. Bei Krillöl sind die Omega-3-Fettsäuren in Phospholipide eingebettet. Das hat einen großen Vorteil, denn so können die Omega-3-Fettsäuren aus dem Krillöl besonders gut über den Darm in das Blut gelangen, also besonders gut verwertet werden. Außerdem hat man bei der Verwendung von Krillöl als Quelle für Omega-3-Fettsäuren nicht dieses Aufstoßen, das man kennt, wenn man normale Fischölkapseln nimmt.

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Medicom: Was halten Sie im Hinblick auf einen gut regulierten Cholesterinspiegel vom Verzehr sogenannter Vitalpilze?

Prof. Dr. Döll: Sehr viel! Es hat seinen Grund, dass bestimmte Pilze in der Volksmedizin schon seit Jahrtausenden einen festen Platz haben. Ihre Inhaltsstoffe können nämlich einen günstigen Einfluss auf den Fettstoffwechsel und das Blutgefäßsystem zeigen. Einige Vertreter verbessern die Fließeigenschaften den Blutes und können zur Senkung des Cholesterinspiegels beitragen.

Es hat seinen Grund, dass bestimmte Pilze in der Volksmedizin schon seit Jahrtausenden einen festen Platz haben.

Medicom: Welche Pilze zählen aufgrund ihrer Inhaltsstoffe zu den Vitalpilzen?

Prof. Dr. Döll: Das ist zum Beispiel der Glänzende Lackporling – auch bekannt als Reishi-Pilz. Dann zählen die Shiitake- und Maitake-Pilze dazu. Das sind besonders bekannte Vertreter. Es gibt etliche mehr, etwa den Chinesischen Raupenpilz oder den Sonnenpilz. 

Medicom: Neben den genannten Naturheilmitteln gibt es Statine als Medikament gegen zu hohe Cholesterinwerte. Was spricht denn gegen Statine als Cholesterinsenker?

Die Liste von möglichen Nebenwirkungen bei Statinen ist lang


Prof. Dr. Döll: Zum einen ist die Liste möglicher Nebenwirkungen lang. Zum anderen liegen Hinweise vor, dass Statine das Risiko für Diabetes vom Typ 2 erhöhen können. Auch können Statine Muskelschmerzen auslösen und vorübergehend die Gedächtnisleistung beeinträchtigen. Wichtig ist mir aber auch: Eine Fettstoffwechselstörung sollte nicht einfach mit einer Pille bekämpft werden. Stattdessen sollte man sich bewusst um eine vitalstoffreiche Ernährung mit „guten“ Fetten, weniger Stress und mehr Bewegung kümmern. Meistens sind ungünstige Lebensstilfaktoren an Fettstoffwechselstörungen mitbeteiligt, wobei man unbedingt auch auf das Normalgewicht achten sollte.

Zur Interviewpartnerin: Michaela Döll ist Professorin für Lebensmittelchemie und eine international gefragte Expertin für Ernährungsmedizin. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Ernährung, Vitalstoffmedizin und Zivilisationskrankheiten. Das wird auch in ihrem aktuellen Buch „Cholesterin im Griff“ (Südwest-Verlag) deutlich. Darin klärt sie alle wichtigen Fragen rund um den fettartigen Naturstoff.


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