ein paar mittleren alters beim joggen
Wer gesund altern will, kommt an Bewegung nicht vorbei.

Im Interview mit Professor Dr. Kleine-Gunk, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Anti-Aging Medizin, erfahren wir, wie der Alterungsprozess verlangsamt und die Gesundheit im Alter erhalten werden kann. Von der Bedeutung von Coenzym Q10 und NAD über Vitamin D bis hin zu Omega-3-Fettsäuren – hier bekommen Sie wertvolle Tipps, wie Sie länger gesund und vital bleiben.


portrait anti aging mediziner kleine gunk
Lange gesund leben – Prof. Dr. Bernd Kleine-Gunk (Langlebigkeitsexperte) plädiert neben Sport, gesunder Ernährung und bestimmter Vitalstoffe für eine positive Einstellung zum Altern.

Zur Person:

Präsident der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Anti-Aging-Medizin, Facharzt für Gynäkologie und Verfasser zahlreicher Buchpublikationen zu Longevity.


Medicom: Herr Professor Kleine-Gunk, Sie sind Präsident der GSAAM, der German Society of Anti-Aging Medicine, und praktizierender Frauenarzt. Sie haben viele Bücher über Ernährung, Longevity und Anti-Aging geschrieben. Lassen Sie uns heute über gesundes Altern sprechen. Starten wir mit etwas Persönlichem: Wie alt sind Sie und wie halten Sie sich fit?

Prof. Dr. Kleine-Gunk: Ich bin 65 Jahre alt, also in einem Alter, in dem viele Menschen in Rente gehen. Für mich ist es jedoch wichtig, weiterhin aktiv zu bleiben, sowohl körperlich als auch geistig. Ich halte mich durch Sport fit und versuche, eine gesunde und ausgewogene Ernährung zu haben, ohne dabei strikte Diäten zu befolgen. Gelegentlich esse ich Fleisch, und ich trinke auch gerne mal ein Glas Rotwein. Zudem halte ich mich fit, indem ich weiterhin als Arzt tätig bin, Bücher schreibe und Vorträge weltweit halte. All diese Dinge tragen zu meiner körperlichen und geistigen Gesundheit bei.

Medicom: Es klingt, als ob Aktivität – körperlich und geistig – eine Schlüsselrolle spielt. Ist das Ihrer Meinung nach der wichtigste Faktor für ein gesundes Altern?

Prof. Dr. Kleine-Gunk: Das ist im Anti-Aging-Bereich sehr wichtig. Viele denken, wenn sie 65 sind und in den Ruhestand gehen, müssten sie nichts mehr tun. Aber das ist ein Fehler. Menschen, die aufhören, aktiv zu sein, altern schneller. Natürlich kann man entspannen und Dinge langsamer angehen, aber vollständige Inaktivität ist ein großer Faktor für das Altern. Ein wenig zurückschalten ist in Ordnung, aber ganz aufzuhören, ist wie ein Verbrechen am eigenen Körper.

Natürlich kann man nicht vollständig verhindern, dass wir altern, aber wir können den Prozess verlangsamen.

Medicom: Kommen wir zum Thema des Alterns selbst. Manche sagen, Altern sei ein natürlicher Prozess, andere betrachten es als eine Art Krankheit. Wie definieren Sie Altern?

Prof. Dr. Kleine-Gunk: In der Anti-Aging-Medizin sehen wir Altern tatsächlich als einen pathologischen Prozess, den man behandeln kann. Natürlich kann man nicht vollständig verhindern, dass wir altern, aber wir können den Prozess verlangsamen. Altern ist der größte Risikofaktor für viele Krankheiten, an denen wir in der westlichen Welt sterben, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs oder neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer. Wenn man das Altern verlangsamen kann, reduziert man auch das Risiko, diese Krankheiten zu bekommen. Das Ziel ist also, den Alterungsprozess so weit zu beeinflussen, dass wir länger gesund bleiben.

Medicom: Das heißt, wir können den Alterungsprozess verlangsamen. Welche Faktoren spielen hierbei eine Rolle?

Prof. Dr. Kleine-Gunk: Um Altern zu behandeln, muss man es zunächst einmal verstehen. Heute wissen wir durch molekulare Grundlagen deutlich mehr darüber. 2013 erschien eine bedeutende wissenschaftliche Publikation, The Hallmarks of Aging*, die die wichtigsten Alterungsfaktoren auflistet. Viele dieser Faktoren lassen sich beeinflussen, wodurch Altern kein schicksalhafter Prozess mehr ist. Altern ist modifizierbar, und wir können einiges dagegen tun.

Zu den bekanntesten Alterungsprozessen gehören Oxidation, Stress durch freie Radikale und chronische, niederschwellige Entzündungsprozesse, auch „Silent Inflammation“ genannt. Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Nachlassen der mitochondrialen Funktion – der Mitochondrien, die unsere Zellen mit Energie versorgen. Neuere Forschungen zeigen zudem epigenetische Veränderungen, die beeinflussen, welche Gene aktiv sind.

Die Epigenetik ist dabei ein Schlüssel: Sie entscheidet, welche Gene abgelesen werden, und dieser Prozess wird im Alter immer unpräziser. Ein weiteres Problem ist die Ansammlung von molekularem „Müll“ in den Zellen. Auch im Gehirn kann sich schädliches Beta-Amyloid ablagern, was zu Erkrankungen wie Alzheimer führen kann. Doch durch eine gesunde Lebensweise, Ernährung und eventuell Supplementierung können wir gegensteuern und aktiv in diese Prozesse eingreifen.

Medicom: Sport soll dabei die Gesundheitspille schlechthin sein?

Prof. Dr. Kleine-Gunk: Ja, Sport dürfen wir natürlich nicht vergessen. Es ist ein ganz, ganz wichtiger Faktor beim Anti-Aging. Also wenn man die ganzen Benefits von Sport in eine Tablette packen könnte, dann hätte man wahrscheinlich schon die ideale Anti-Aging-Medikation. Was passiert, wenn wir Sport machen? Da verbrauchen wir mehr Energie und das merkt der Körper dann natürlich auch. Wie reagiert er darauf? Indem er mehr Energieproduzenten herstellt. Das heißt also, er produziert dann neue Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen), um den gesteigerten Energiebedarf dann zu decken. Und das ist natürlich auch eine schöne Möglichkeit, etwas für seine Mitochondrien zu tun. Also nicht nur die alternden Mitochondrien durch Supplemente am Leben zu halten, sondern fabrikneue zu produzieren, indem man mehr Sport macht.

Medicom: Wie kann ich gesundes Altern durch Ernährung unterstützen?

Prof. Dr. Kleine-Gunk: Wir wissen, was in unserer Ernährung gesund ist. Es sind vor allen Dingen die sekundären Pflanzenstoffe, die Obst und Gemüse so gesund machen. Man sollte so viel wie möglich davon konsumieren. Die mediterrane und die asiatische Ernährung sind sicherlich ein Vorbild.

Medicom: Wie kann ich zusätzlich die Zellen unterstützen?

Prof. Dr. Kleine-Gunk: Die Mitochondrien sind wichtig, weil sie die Kraftwerke in unseren Zellen sind. Sie produzieren die Energie, das ATP (Adenosintriphosphat). Im Rahmen dieser Energiegewinnung fallen aber auch Abfallprodukte an und das sind im Wesentlichen die Freien Radikale. Somit unterliegen diese Mitochondrien ihrerseits einem Alterungsprozess. Und wenn Mitochondrien altern, dann sehen wir, dass zwei Dinge passieren: Die Energieproduktion wird weniger und der Ausstoß von Freien Radikalen wird mehr. Und das ist das, was ältere Menschen häufig an sich selbst erleben. Sie sind nicht mehr so energetisch wie die Jüngeren, und sie leiden mehr unter dieser oxidativen Belastung, die auch ein wesentlicher Alterungsfaktor ist.

Coenzym Q10. Das ist tatsächlich ein spezielles mitochondriales Antioxidans, also ein Freie-Radikale-Fänger, der vor allen Dingen in den Mitochondrien ansetzt, von daher ist es sehr sinnvoll.

Medicom: Was kann man tun?

Prof. Dr. Kleine-Gunk: Zum einen haben wir Coenzym Q10. Das ist tatsächlich ein spezielles mitochondriales Antioxidans, also ein Freie-Radikale-Fänger, der vor allen Dingen in den Mitochondrien ansetzt, von daher ist es sehr sinnvoll. Zum anderen haben wir die Energiegewinnung von ATP, das wird über die Atmungskette in den Mitochondrien produziert. Am Anfang dieses biochemischen Prozesses steht der Stoff NAD+ beziehungsweise NADH. Ein Ansatz ist auch, dass man sagt: „Wir stellen den Zellen mehr von dieser Anfangssubstanz zur Verfügung, dann haben wir am Ende mehr ATP.“ Das kann man über NADH, NAD+ und NMN machen, darüber wird viel diskutiert. Letztendlich kommen viele dieser Stoffe aus der großen Gruppe der B-Vitamine. Diese werden in Deutschland immer noch unterschätzt.

Medicom: Gehört Nicotinamid, Niacin (Vitamin B3) auch zu diesen Stoffen?

Prof. Dr. Kleine-Gunk: Ja, es ist sozusagen eine Vorstufe, die vom Körper selbst zu NAD+ metabolisiert wird.

Silent Inflammation, also chronisch niederschwellige Entzündungsprozesse, ist ein ganz wichtiger Alterungsprozess.

Medicom: Welche sind Ihre weiteren Vitalstofftipps im Alterungsprozess?

Prof. Dr. Kleine-Gunk: Zum einen gibt es die Klassiker wie Vitamin D. 70 bis 80 Prozent aller Deutschen haben im Winter einen Vitamin-D-Mangel. Omega-3-Fettsäuren sind auch ein Klassiker, da sie antiinflammatorisch sind und diese Entzündungsprozesse herunterregeln, die mit Alterungsprozessen in Verbindung stehen. DHA und EPA sind da sicherlich die Wichtigsten. Warum wirken diese Omega-3-Fettsäuren überhaupt anti-inflammatorisch? Silent Inflammation, also chronisch niederschwellige Entzündungsprozesse, ist ein ganz wichtiger Alterungsprozess. Die Entzündungsprozesse werden im Wesentlichen durch sogenannte Zytokine, das sind Gewebshormone, beeinflusst. Es gibt proinflammatorische Zytokine, also die, die Entzündungsprozesse eher fördern, und anti-inflammatorische, also die, die die Entzündungsprozesse eher herunterregeln.

Gebildet werden diese Zytokine aus Fettsäuren – unterschiedliche Fettsäuren machen unterschiedliche Zytokine. Ungesättigte Fettsäuren und Omega-6-Fettsäuren fördern eher die Bildung proinflammatorischer Zytokine, die uns altern lassen. Und die Bildung anti-inflammatorischer Zytokine, die den Entzündungsprozessen entgegenwirken, wird eher von ungesättigten, vor allen Dingen Omega-3-Fettsäuren gefördert.

Wie kommen nun diese Omega-3-Fettsäuren in die Fischöle des fetten Seefisches? Über die Nahrungskette. Sie werden zunächst in Algen gebildet. Diese werden dann vom Krill gefressen, der Krill wird seinerseits von den großen Fischen gefressen und so gelangen die Omega-3-Fettsäuren schließlich in den fetten Seefisch. Man kann also am Anfang der Nahrungskette, sprich bei den Algen, anfangen.

Medicom: Was ist mit pflanzlichen Alternativen zu Fischöl, wie etwa Algenöl?

Prof. Dr. Kleine-Gunk: Algenbasierte Supplemente mit Omega-3-Fettsäuren sind sicherlich eine sehr, sehr gute Alternative. Algenöl ist eine gute pflanzliche Alternative für Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, aber dennoch von den gesundheitlichen Vorteilen der Omega-3-Fettsäuren profitieren wollen.

Medicom: Das sind sehr wertvolle Informationen. Möchten Sie unseren Leserinnen und Lesern noch etwas auf den Weg geben, wenn es um das Thema „gesundes Altern“ geht?

Prof. Dr. Kleine-Gunk: Ja, eine wichtige Sache, die wir bisher wenig behandelt haben, ist die mentale Einstellung zum Altern. Viele Menschen haben Angst vor dem Altern, weil es mit körperlichem Abbau, Krankheit und Verlust von Fähigkeiten assoziiert wird. Diese Angst kann jedoch zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden. Wer das Alter als Bedrohung sieht, wird oft inaktiv und beginnt, sich zurückzuziehen. Das verstärkt den Alterungsprozess und führt dazu, dass man schneller altert, als es eigentlich notwendig wäre.

Wenn man jedoch eine positive Einstellung zum Alter bewahrt und es als eine neue Lebensphase mit neuen Möglichkeiten betrachtet, kann das enorm zur Lebensqualität beitragen. Viele Menschen haben noch Jahrzehnte vor sich, nachdem sie das Rentenalter erreicht haben, und diese Zeit sollte sinnvoll genutzt werden. Man kann neue Hobbys entdecken, reisen, ehrenamtlich tätig sein oder eine neue Sprache lernen.

Es zeigt sich, dass wir viel mehr Kontrolle über unsere Gesundheit und unser Altern haben, als wir vielleicht dachten.

Medicom: Was ist mit unseren Genen? Kann man trotz schlechter Gene etwas tun?

Prof. Dr. Kleine-Gunk: Ja, es gibt gute Forschung dazu, vor allem aus Zwillingsstudien aus den 90er-Jahren. Gene spielen eine Rolle für bestimmte Erkrankungen und den Alterungsprozess, aber nicht die entscheidende. Die meisten Studien sagen, Gene sind für 20 bis 30 Prozent des Alterungsprozesses verantwortlich. Das bedeutet, dass 70 bis 80 Prozent durch den Lebensstil beeinflussbar sind. Das sind sehr gute Nachrichten. Selbst diejenigen, die schlechte Gene von ihren Eltern geerbt haben, können das durch einen gesunden Lebensstil ausgleichen. Ein gesunder Lebensstil umfasst Ernährung, Bewegung, Stressmanagement und Schlaf. Indem man auf diese Faktoren achtet, kann man die negativen Auswirkungen schlechter Gene minimieren.

Es zeigt sich, dass wir viel mehr Kontrolle über unsere Gesundheit und unser Altern haben, als wir vielleicht dachten. Diese Erkenntnisse sollten uns motivieren, bewusste Entscheidungen zu treffen und unseren Lebensstil positiv zu verändern. Letztendlich liegt es in unserer Hand, wie wir altern und welche Krankheiten wir möglicherweise vermeiden können.

Medicom: Vielen Dank für das Gespräch.


• *Anmerkung der Redaktion: Hallmarks of Aging bedeutet übersetzt „Kennzeichen des Alterns“ oder „Merkmale des Alterns“. Es bezieht sich auf eine Liste von biologischen Prozessen und Faktoren, die wissenschaftlich als Haupttreiber des Alterungsprozesses identifiziert wurden.
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