Täglich ist das größte Organ des Menschen Bakterien und Keimen ausgesetzt. Dabei finden wir im Darm, in der sogenannten Darmflora, auch das Mikrobiom oder bakterielles Ökosystem genannt. Sie steuern die Verdauung, stärken das Immunsystem, bilden Vitamine und Hormone und haben Auswirkungen auf unsere Gehirnfunktionen.
Ungefähr 100 Billionen winzige Bakterien leben im Darm. Bislang hat man bis zu 1.000 verschiedene Arten identifiziert. Wenn also in dieser Bakterienwohngemeinschaft der Haussegen schief hängt, kommt es zu gesundheitlichen Beschwerden. Diese Mikroorganismen halten nicht nur das Darmgleichgewicht in Schach und verdauen und verwerten die aufgenommene Nahrung, sondern sie haben auch weitreichende Aufgaben, wie etwa die Hormonproduktion.
Hormone im Darm
Somit hat der Darm eine wichtige Rolle bei der Regulation des Hormonhaushaltes. Denn von den winzigen Darmbakterien werden große Mengen an Botenstoffen wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin gebildet, die Glückshormone, die unter anderem Einfluss auf unsere Stimmungslage und unsere Emotionen haben. Andererseits werden diese Botenstoffe, wie Serotonin, auch für das Immunsystem und die Verdauungsaktivität gebraucht.
Bakterien: Vitaminfabriken
Bakterien der gesunden Darmflora bilden sogar lebenswichtige Nährstoffe wie Vitamine, wie zum Beispiel Vitamin K2 (Menachinon) oder es wird durch fermentierte Milchprodukte zugeführt. Sind die Bakterien in Balance, kann auch genug Vitamin D im Darm aufgenommen und verarbeitet werden. Vitamin D bildet sich mithilfe des Sonnenlichts in der Haut und erfüllt wichtige Aufgaben im Knochenstoffwechsel. Kurzum: Essenzielle Vorgänge für andere Körperfunktionen laufen erst einmal über die Verdauung, über die Darmbakterien ab.
Falls die Darmbakterienzusammensetzung nicht im Gleichgewicht ist, entstehen Fäulnis- und Gärprozesse. Das kann auch dazu führen, dass die Nahrung und die enthaltenen Vitalstoffe den Magen-Darm-Trakt passieren und nicht ausreichend verwertet und aufgenommen werden können. Hier kann es dann zu Vitamindefiziten kommen. Grund genug, dass Du Deinen Darmkosmos mit einer gesunden Ernährung hegst und pflegst.
Die Darm-Hirn-Achse
Innerhalb dieses Darmkosmos der 100 Billionen Darmbakterien werden auch die Transportmittel der Botenstoffe für die Darm-Hirn-Achse produziert: die oben erwähnten Fettsäuren. Auch hier gilt: Wenn die Darmflora in eine Schieflage gerät, dann leidet auch die Qualität der Fettsäuren darunter. Denn gibt es mehr „schlechte“ Bakterien, werden vermehrt kurzkettige, gesättigte Fettsäuren gebildet. Diese sind Auslöser für Entzündungen im Gehirn. Sie können je nach Art und Dauer den Hormonhaushalt in Mitleidenschaft ziehen. Dann wird weniger Dopamin produziert.
Was bewirkt diese Dopaminabnahme? In diesem Zusammenhang untersucht die Wissenschaft die Beziehung zwischen Gehirn und Bauchhirn. Diverse neurologische Krankheiten wie Depressionen, ADS, ADHS, Schizophrenie und Demenzkrankheiten wie Alzheimer und Parkinson beginnen demnach nicht im Kopf, sondern im Darm. Hier deuten Forschungsergebnisse aus Finnland im Fall der Krankheit Parkinson darauf hin. Wird weniger Dopamin im Darm produziert, hat das Konsequenzen für die Gehirnfunktionen. So hat man bei Parkinsonpatienten zwei Faktoren entdeckt. Zum einen haben diese, lange bevor die Krankheit ausgebrochen ist, Magen-Darm-Beschwerden. Man konnte feststellen, dass sie eine andere Darmbakterienzusammensetzung hatten als ein gesunder Mensch. Zum anderen haben Parkinsonerkrankte einen gesenkten Dopaminspiegel im Gehirn.
Darmbakterien für Alzheimer verantwortlich?
Der Zusammenhang zwischen Darmbakterien und neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer erhärtet die Vermutung: Darmbakterien haben Einfluss auf Alzheimer. An der Universität von Lund in Schweden wurde anhand von Tierversuchen nachgewiesen, dass die Zusammensetzung der Bakterien bei Tieren mit Alzheimerablagerungen im Gehirn anders ist als bei gesunden Tieren. Die Stoffwechselprodukte der Darmbakterien können demnach Entzündungsvorgänge im Gehirn auslösen.
Da die Verdauungsaktivität mit fortschreitendem Alter nachlässt, ändert sich auch Bakterienzusammensetzung. Schlussfolgerung der Forscher: Gerade im fortgeschrittenen Alter bei weniger Nahrung muss besser auf eine nährstoffreiche Ernährung geachtet werden. (Quelle: Deutschlandfunk).